Liebe Julia, du arbeitest ja hauptberuflich als Ergotherapeutin und bist aber auch Hundetrainerin. Du setzt in deiner Arbeit als Ergotherapeutin deine Hunde Lucy und Balu in der tiergestützten Therapie ein. Seit wann machst du das?
Ich arbeite nun seit Anfang 2018 tiergestützt mit Hunden in der Ergotherapie. Lucy ist im Februar 2018 bei uns als mini kleines Wesen eingezogen und dann begann das Abenteuer und viele schöne Momente.
Wer sind deine Hunde? Und was ist das Besondere an ihnen?
Meine Hunde heißen Lucy & Balu. Lucy ist ein Zwergrauhaardackel in den Farben schwarz rot. Mit ihr begann mein größter Wunsch meinen Hund in meine Arbeit einfließen zu lassen. Sie ist ein sehr freundlicher Dackel, liebt alles und jeden, ist lernwillig, übermotiviert, wenn sie etwas nicht möchte sehr stur und bekommt jeden um den Finger gewickelt.
Balu ist ein Australian Shepherd Rüde in der Farbe red tri. Er ist altersentsprechend ungestüm und teilweise impulsiv, möchte gefallen, ist lernwillig und anfangs im Kontakt mit Menschen unsicher aber sobald er näheren Kontakt aufgebaut hat, mag er sie sehr gerne, er hat jede Menge Quatsch im Kopf und bringt uns alle damit immer wieder zum lachen. Unser kleines Bärchen 😀
Wie ist die Berufsbezeichnung deiner Hunde?
Lucy ist ein ausgebildeter Therapiebegleithund und Balu ist ein angehender Therapiebegleithund (in Ausbildung)
Wie lange hat die Ausbildung gedauert? Wie alt sind beide heute und wie alt waren sie bei Ausbildungsbeginn?
Lucy ist mittlerweile 4 ½ Jahre alt. Als sie damals einzog konnte ich es nicht mehr erwarten neuen Input in diesem Bereich zu erfahren. Also begann ich direkt 2018 mit der Theorie ohne Hund und die Vorfreude auf die praktischen Teile wuchs. Ein Start mit Hund war aber in diesem Institut erst mit 8 Monaten möglich. Solange warteten wir also und dann ging es endlich los.
Die Ausbildung bestand also aus
* 2 Theorieblöcken
* 2 Praxisblöcken (erst mit 8 Monaten möglich)
* 1 Prüfungsvorbereitung
* Prüfung (erst mit 18 Monaten möglich)
Die Dauer der Ausbildung ist bei jedem Teilnehmer individuell. Die Kurse können alle hintereinander gebucht werden sodass, je nach Alter des Hundes, diese innerhalb eines Jahres absolviert werden kann. Sollten jedoch bedenken in Bezug auf den Lernstoff bestehen, ist auch ein längerer Zeitraum möglich. Sowohl die Theorie als auch die Praktische werden am Ende geprüft.
Alle zwei Jahre finden dann Nachprüfungen statt.
Mitte 2019 beendeten Lucy & ich also erfolgreich die Ausbildung und können uns nun Therapiebegleithundteam nennen!
Natürlich hat jedes Institut andere Voraussetzungen, aus diesem Grund habe ich mit Balu nun einen anderen Weg eingeschlagen. Ich finde es spannend neue Wege und Input zu erfahren.
Balu ist nun 1 ½ Jahre alt. Mit einem Jahre begann ich mit ihm die Ausbildung in einem anderen Institut. Dort gibt es ebenfalls Theorieteile sowie auch praktische Teile.
* 2 Theorieblöcke
* 2 Praxisblöcke
* Prüfungsvorbereitung
* Prüfung
Im November 2022 werden Balu & ich die Prüfung absolvieren.
Hier muss der Hund einmal jährlich eine Nachprüfung und ich alle zwei Jahre Weiterbildungen im Umfang von 16 Einheiten nachweisen.
Ich finde es super wichtig das jeder individuell entscheidet welches Ausbildungsinstitut zu sich und seinem Hund passt. Jeder Hund ist anders und jeder Halter legt auf unterschiedliche Dinge wert. Das Bauchgefühl und das Herz muss zufrieden sein 🙂
Was ist das Wichtigste für dich in der tiergestützten Therapie? Wann hattest du das Gefühl, du möchtest deinen Beruf mit der tiergestützten Therapie verbinden?
Bereits als Kind spielte ich täglich mit meinem Bruder Tierarzt. Mir war damals schon klar das ich gerne etwas mit Tieren arbeiten möchte. Aber auch half ich immer schon gerne anderen Menschen und hörte ihnen gerne zu. Als ich dann damals meinen Hundekumpel (Seelenhund) bekam mit dem ich groß geworden bin war mir klar das ich ohne Hund einfach nicht mehr kann. In meinem Studium zur Ergotherapeutin habe ich diese haarigen Wesen so vermisst. Da ich in der Zeit einige Praktika absolvieren musste, besuchte ich also eine ergotherapeutische Praxis in welcher fünf Therapiebegleithunde mit arbeiteten. Ich lernte also das erste Mal die Arbeit mit Hunden & Klienten kennen und wusste sofort das es dass ist was ich machen möchte. Als ich dann in dem Beruf anfing erwähnte ich bereits im Bewerbungsgespräch das ich einen Therapiebegleithund haben möchte. Nicht mal ein Jahr später zog Lucy dann ein & ich kann mir die Arbeit ohne Hund nicht mehr vorstellen!
Das wichtigste für mich in der tiergestützten Therapie ist, dass ich die Bedürfnisse meines Tieres berücksichtige. So sehr ich die Teamarbeit mit meinen Hunden liebe, so sehr beachte ich aber auch ihre Grenzen. Ein Therapiebegleithund muss nicht alles können und nicht alles über sich ergehen lassen. Auch die richtige Erziehung und das heranführen an unterschiedliche Situationen finde ich sehr wichtig!
Was sollte man unbedingt mitbringen, wenn man in der tiergestützten Therapie arbeitet?
In der tiergestützten Therapie ist Empathie, Geduld und das Wissen über Hunde wichtig. Dazu gehört z.B. auch die Körpersprache seines Hundes. Ich sehe häufig im Internet Videos von Einheiten in denen der Hund deutliche Stressanzeichen zeigt. Trotzdem reagieren die Halter nicht & sehen diese Einheit noch als besonders schön an. Das finde ich unglaublich Schade. Ich denke jedoch nicht das jeder eine Hundetrainerausbildung braucht, aber JEDER sollte sich umfassend mit dem Thema beschäftigen und in jedem Fall eine Ausbildung zum Therapiebegleithund absolvieren. Leider gibt es nämlich vermehrt Einrichtungen in denen der Hund nicht ausgebildet ist.
Würdest du sagen, dass beide Hunde jeweils ihre Stärken in die Therapie mit einbringen?
Aber klar doch ! Jeder Hund hat seine Stärken und Schwächen die ich dann individuell in die Therapie mit einfließen lassen kann.
Lucy ist durch ihre Größe hervorragen für ganz kleine Kinder geeignet. Auch Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen profitieren sehr von ihrer liebevollen und offenen Art zu jedem. Bei Menschen im Rollstuhl oder Bettlägerige haben die Möglichkeit sie bei sich auf dem Schoß/im Bett haben zu können. Somit ist der Hund ganz nah dran. Die Klienten in Senioreneinrichtungen lieben Dackel sowieso. Es bringt ihnen häufig ein Stück Erinnerung von früher ins Herz hinein.
Balu setze ich aufgrund seiner deutlichen Körpersprache gerne bei Klienten mit Schwierigkeiten im Sozialverhalten ein. Er spiegelt deren Verhalten wieder, ich bespreche es dann mit den Klienten und versuche nach Gründen zu suchen. Dabei lernen sie die Sprache der Hunde aber auch sich selber oder das Verhalten Anderer zu reflektieren. Auch unteraktivierte Menschen profitieren von seiner agilen Art und Weise und können sich dadurch deutlich besser motivieren.
Ist es für deine Patienten normal, dass deine Hunde bei der Therapie dabei sind?
Bevor ich einen der Beiden mit in die Einheit nehmen, spreche ich dies mit den Klienten ab. Es gibt einige die selber einen Hund haben/hatten, welche die gerne einen hätten aber auch einige welche einfach keine Hunde mögen oder allergisch sind. Egal welche Einstellung meine Klienten haben, ich akzeptieren es und setzte die beiden dementsprechend ein. Die Mehrzahl der Leute freuen sich aber immer sehr wenn die beiden mit im Raum sind. An Tagen an denen mal kein Hund dabei ist wird sofort gefragt wo sie denn seien! Ich bin bisher immer „die Frau mit den Hunden“ gewesen 😀
Sind beide immer da oder wechseln die sich ab und haben ein Arbeitsplan?
Bisher habe ich es immer so gehandhabt dass beide im Wechsel dabei sind. An einem Tag in der Woche sind beide zusammen dabei. Häufig plane ich das je nach Klienten oder aber je nach Stunden an diesem Tag. Freie Tage finde ich unglaublich wichtig um das Erlebte verarbeiten zu können.
Was für ein Mehrwert ist eine tiergestützte Therapie in deinem Bereich? Auch persönlich?
Da könnte ich nun einen ganzen Roman zu schreiben 😀 Es kommt natürlich immer auf den jeweiligen Bereich sowie den Klienten und seine Ziele an. Jeder der einen Hund hat kann nachempfinden wie gut uns Hunde auf ganz vielen Ebenen tun. Aus emotionaler Sicht kann ich häufig viele Reaktionen meiner Klienten beobachten. Der Ein oder Andere sitzt bereits ernst und unsicher im Wartezimmer bis dann die Tür auf geht und einer der Hunde freudestrahlend auf ihn zuläuft. Du kannst dir nicht vorstellen wie sich das Gesicht des Klienten verändert. Die Augen strahlen und innere Ruhe breitet sich aus. Ein Hund ist wertfrei, er nimmt die Menschen wie sie sind und ist keinem langem böse. Er besitzt keine Vorurteile und gibt keinem gewollt ein schlechtes Gefühl. Außerdem sind meine Hunde eine große Motivation denn mit Hund macht das erreichen von Zielen noch viel mehr Spaß.
Ich war schon immer ein Mensch der nie gut alleine sein konnte. Ich habe es wirklich immer gehasst und mich dann unglaublich einsam gefühlt. Nachts konnte ich dann schlecht schlafen und ich wurde unruhig. Seitdem mich Hunde in meinem Leben begleiten geht es mir auf vielen Ebenen richtig gut !
Ihr seid ja unter Trickdackel Lucy & Balu sehr bekannt. Wann hattest du das Gefühl, dass beide Spaß und Talent beim Tricksen haben? Gab es einen besonderen Moment?
Als ich Lucy bekam fand ich Trickdog bereits ziemlich spannend. Ich habe häufig Videos gesehen in welchen Hunde tolle Tricks drauf hatten und habe mich immer gefragt wie so etwas funktionieren könnte ?! Also probierte ich, völlig unerfahren, mit Lucy kleine Tricks aus und bemerkte das ich und auch sie ziemlich viel Spaß daran hatten. Sie setzte unglaublich schnell das gelernte um und war dabei noch total motiviert. Als wir dann durch Zufall vor Publikum ein paar Tricks zeigen durften und diese sagten wie unglaublich motiviert dieser Dackel dabei wäre wusste ich das ist genau das richtige für uns beiden. Das Tricksen stärkt unsere Beziehung jeden Tag immer mehr 🙂
Balu gab ich auch direkt die Chance mit zu machen. Ihm macht es genauso viel Spaß aber er lernt wiederum auf eine ganz andere Art & Weise. Am liebsten machen wir nun Tricks die sie gemeinsam können. Z.B. umarmen, über den anderen drüber springen oder Küsschen geben. Die beiden sind so ein süßes ungleiches Trickdogteam.
Schöne Momente dabei gibt es immer wieder, aber was ich am meisten liebe ist das sie sich häufig gegenseitig Tricks abschauen und der Aufbau dann noch schneller funktioniert 🙂
Was schätzt du an deinen Hunden?
Ich schätze an meinen Hunden, dass sie mit so viel Freude und Motivation mit mir gemeinsam den Alltag meistern. Sie können sich gut an verschiedene Situationen anpassen. Ob als Therapiebegleithunde, Filmhund (Lucy) oder Familienhunde sie sind einfach meine treuen Herzensbegleiter !
Vielen lieben Dank Julia für deine Zeit!
Bilder von Julia Beermann mit Lucy und Balu- Bildrechte Beermann