Interview mit Gründerin Jenny Sättele von SeelenTherapie – Tiergestützte Förderung und Intervention

Seit wann gibt es SeelenTierapie? 

SeelenTierapie gibt es seit Anfang des Jahres 2021.

Hast du eine bestimmte Ausbildung dafür gemacht?

Mein Psychologiestudium wird durch meine Ausbildung als Fachkraft für tiergestützte Arbeit und Intervention sehr gut ergänzt.

Was begeistert dich an deiner Arbeit?

Es war schon immer ein großer Traum von mir, die Arbeit mit Mensch und Tier zu verbinden. Mich begeistert vor allem die Beziehungsebene zwischen Mensch und Tier, die sich positiv auf unsere Lebensqualität auswirkt. Die urteilsfreie und unvoreingenommene Begegnung zu Tieren setzt Impulse für einen heilenden Prozess. 

Was ist genau Tiergestützte Förderung und Intervention?

Tiergestützte Intervention bezeichnet Einsätze, in denen Tiere als Helfer zur Erzielung bestimmter positiver Effekte zum Einsatz kommen. In der tiergestützten Förderung steht die Förderung mit definierten Förderzielen im Vordergrund. Förderziele können beispielsweise die Anregung der Kommunikation oder die Aneignung sozialer Kompetenzen sein. Eine positive Beziehung zu Tieren wirkt fördernd auf psychische, soziale, physische und kognitive Faktoren.

Wie bist du auf die Ziegen gekommen?

Ich habe seit meinem 6. Lebensjahr Ziegen. Durch meine ersten Ziegen, Hansi und Anton, habe ich meine Begeisterung für diese Tierart entdeckt. Ziegen lassen sich zu nichts zwingen oder „passend machen“. Sie geben uns unglaublich viel, wenn sie so sein dürfen wie sie sind: Quirlig, verspielt und neugierig. Gleichzeitig nehmen sie uns so an, wie wir sind. Ziegen sind sehr charakterstark und kommunizieren ihre Bedürfnisse deutlich, um ein harmonisches Miteinander innerhalb der Ziegenherde zu ermöglichen. Außerdem sind sie großartige Lehrer hinsichtlich Sozialverhalten, Respekt, Akzeptanz und Rücksichtnahme. Ziegen strahlen eine Lebensfreude aus, die uns positive Gefühle vermittelt. Mittlerweile habe ich 5 Ziegen, die mein Leben täglich bereichern. 

Besitzen die Ziegen einen persönlichen Charakter/ Persönlichkeit? 

Ja, auf jeden Fall! Jede Ziege hat ihre eigene Persönlichkeit. Sie sind total verschieden und trotzdem ein unzertrennliches Team, in dem jeder seine persönliche Wirkung auf Menschen hat. Während Moritz und Leni eine sehr beruhigende Wirkung haben, vermittelt Michl das Gefühl von Sicherheit und Treue. Marie und Timmy geben Patienten das Gefühl von Selbstwirksamkeit und animieren zur Verhaltensaktivierung. Gemeinsam bringen sie viele Menschen zum Lachen und vermitteln ihnen ein Gefühl von Geborgenheit. Sie schauen uns an und ihr Blick sagt uns: „Es ist in Ordnung, ich bin bei dir.“ Und genau dieses Gefühl brauchen wir Menschen manchmal.

Wer profitiert von einer tiergestützten Therapie? Welche Tiere setzt du dabei ein?

Von einer tiergestützten Therapie können Menschen jeden Alters profitieren, die Förderbedarf oder eine Beeinträchtigung im psychischen, sozialen, physischen oder kognitiven Bereich empfinden. Welche Tiere ich einsetze, entscheide ich individuell und im Sinne des Patienten und seines Förderbedarfes. Bei sehr unruhigen Kindern setze ich gerne Tiere ein, die Ruhe und Entspannung vermitteln. Auch die Anzahl der Tiere, die ich einsetze, hängt von den Patienten ab. Kinder, die der Ziegenherde bereits sehr vertraut sind, können die ganze Herde auf ihrer Koppel besuchen und andere Kinder, die zu Beginn noch etwas unsicher sind, lernen zunächst eine Ziege kennen. Um das Gefühl von Selbstwirksamkeit und Verantwortung zu steigern, setze ich gerne unseren Haflinger Marco oder unsere Hündin Kelly, beispielsweise in einem Spaziergang ein.

Welche Wirkung hat die Therapie? Wie setzt du dies um? Welche Fortschritte?

Die Therapie hat eine sehr individuelle Wirkung auf Patienten. Neben der Förderung der Vertrauensbasis, der Verantwortung und des emotionalen Wohlbefindens, lehrt die Therapie mit Tieren Perspektivenübernahme, einen angemessenen Gefühlsausdruck sowie ein friedliches Durchsetzungsvermögen. Neben der Angstreduktion und Steigerung des Selbstwertgefühls wirkt die Therapie ebenfalls kommunikationsanregend und verbessert die Fähigkeiten der verbalen und nonverbalen Sprachleistung. Es werden außerdem mentale Kompetenzen, die Wahrnehmung sowie Aufmerksamkeit und Konzentration gefördert und die Grob- und Feinmotorik geschult. Tiere tragen in der Therapie zu muskulärer Entspannung, Blutdrucksenkung und Kreislaufstabilisierung bei. Der Cholesterinspiegel wird ausgeglichen, die Cortisol-Konzentration reduziert und die Oxytocin-Ausschüttung gefördert. Oftmals erfolgen die Wirkungen von ganz allein, durch die Anwesenheit und das Verhalten der Tiere. Sie spüren genau, welches Verhalten in welcher Situation angemessen ist und wir konnten bereits in verschiedensten Bereichen große Fortschritte erzielen. Einige Wirkungen versuche ich spielerisch umzusetzen, wie zum Beispiel Gefühle von Verantwortung und Selbstwirksamkeit. Oftmals sind es kleine Erfolge, die in Summe eine große Veränderung bewirken. Für ein Kind mit Sprachförderbedarf ist es beispielsweise ein bedeutsamer und wirksamer Effekt, wenn es „Marie komm“ oder „Gib Huf“ ausspricht und die Ziege Marie führt das Gesprochene aus. Das löst einen viel größeren Erfolgsmoment und mehr Glücksgefühle aus als ein gewöhnliches Lob.

Was ist das Besondere bei dieser Arbeit?

Das Besonderste an der tiergestützten Intervention ist denke ich die urteilsfreie und unvoreingenommene Begegnung zwischen Mensch und Tier, die Impulse für einen Heilprozess setzt.

Hast du eine eigene Lebensphilosophie? Sind deine Tiere deine Therapeuten?

Tiere spielen in meinem Leben schon immer eine sehr wichtige Rolle und sie haben eine sehr positive Wirkung auf mein Wohlbefinden. Vorallem aber, kann ich sehr viel von ihnen lernen. Meine Tiere inspirieren mich täglich und erinnern mich beispielsweise immer wieder daran, genauso wie sie, im Hier und Jetzt zu leben. Ein Leben ohne Tiere könnte ich mir nicht vorstellen.

Wie schöpfst du Kraft nach den ganzen Therapieeinsätzen? 

Wenn ich die Fortschritte unserer Patienten sehe, die wir gemeinsam als Team erzielt haben, schöpfe ich eher Motivation und Inspiration für zukünftige Therapieeinsätze. Trotz allem gibt mir der Zeit, die ich mit meinen Tieren verbringe, sehr viel Energie und Kraft für meinen Alltag. 

Einzeln oder auch in Gruppen möglich?

Ich biete sowohl tiergestützte Förderung und Intervention im Einzel- als auch im Gruppensetting an.

Welche Bindung haben die Kinder zu dem Tier?

Oft gibt es ein Tier, zu dem Patienten eine besonders starke und sichere Bindung haben. Meistens ist es das Tier, welches ihn oder sie am meisten widerspiegelt und ähnliche Eigenschaften besitzt. Das Tier nimmt meist die Rolle des besten Freundes oder des Zuhörers ein, der einen so akzeptiert, wie man ist.

Wer kommt außerdem zur tiergestützten Therapie?

Zu einer tiergestützten Therapie kann grundsätzlich jeder kommen, der eine Steigerung des eigenen Wohlbefindens anstreben möchte. Bei uns sind Menschen jeden Alters herzlich willkommen. Meinen Schwerpunkt lege ich auf Menschen, denen es im psychischen, sozialen, physischen oder kognitiven Bereich eine Förderung oder Intervention bedarf.

Schlüsselerlebnis? 

Ein einziges Schlüsselerlebnis gab es eigentlich nicht. Es war bereits früh mein berufliches Ziel, das Wohlbefinden von Menschen zu verbessern und ihnen Glücksmomente zu bereiten. Da Tiere bereits seit meiner Kindheit eine positive Wirkung auf mich haben, möchte ich auch anderen Menschen ermöglichen, eine Bindung zu Tieren aufzubauen und ihre heilende Wirkung zu erleben.

Vielen Dank Frau Sättele für das Interview

Bilder von Jenny Sättele